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  • Pablo Friese

Von der "Öko-Ecke" in den Mainstream - Die Neo-Ökologie als wichtigster Mega-Trend unserer Zeit

Updated: May 14, 2021


Mega-Trends benennen den Wandel unserer Gesellschaft, indem sie verschiedene Trendentwicklungen als Cluster zusammenfassen. Damit machen sie aufkommende Strömungen sichtbar, die die Politik, Kultur, aber auch Wirtschaft ganzheitlich beeinflussen. Gesellschaftliche Trendentwicklungen lassen auch die sich ändernden Anforderungen und neue Bedürfnisse erahnen und bringen für Unternehmen daher sowohl Chancen als auch Risiken mit sich - Chancen, die sich aus der Integration neuer Trends in die eigene Strategie ergeben, und Risiken, die daraus folgen, genau das nicht zu tun.


So ist es auch beim Megatrend der Neo-Ökologie, der vom Think-Tank Zukunftsinstitut zum „wichtigsten Mega-Trend unserer Zeit“ erklärt wurde. Die gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit machen deutlich, dass ein systemisches Umdenken unserer Art, zu leben, dringend erforderlich ist. Die Klimakrise wurde durch die vergangenen Hitze-Sommer in Deutschland sicht- und fühlbarer denn je und auch die aktuelle Corona-Pandemie zeigt wie ein Brennglas unbarmherzig die fatalen Versäumnisse unserer Zeit auf.


Dabei sind diese Themen durchaus nicht neu. Bereits in den Siebzigern erfuhr die ökologische Bewegung ihren ersten großen Aufschwung. 1972 veröffentlichte der Club of Rome seinen aufsehenerregenden Bericht zu den „Grenzen des Wachstums“, in dem die Folgen des bestehenden Wirtschaftssystems auf den Menschen und den Planeten beschrieben wurden. Auch politisch wurde die Ökologie weitreichend in bestehende Strukturen integriert. 1970 wurde etwa in den USA die EPA (United States Environmental Protection Agency) gegründet und 1971 in Deutschland das erste Bundesumweltprogramm erarbeitet. Nur ein Jahr später, 1972, fand auch auf internationaler Ebene die erste UN-Umweltkonferenz statt, deren Ergebnis die Gründung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen als „Stimme der Umwelt“ war [1].


Auch sprachlich hat sich der Begriff der Ökologie seitdem als fester Bestandteil eines gesellschaftlichen Diskurses etabliert. In diesem Kontext wurde für die Ökologie aber vor allem über Einschränkungen und ein starkes Narrativ der Schuld des Menschen argumentiert – womit wir auch beim Kern des Unterschieds zur Neo-Ökologie wären, bei der dagegen eine neue Zuversicht und Handlungsoptimismus im Mittelpunkt steht [2].


Die Neo-Ökologie erweitert die klassische Sichtweise der Ökologie damit und verbindet so Ökologie und Ökonomie. Mit diesem Paradigmenwechsel hat es die ökologische Bewegung auch von der „Öko-Ecke“ in den Mainstream geschafft. Deutlich wird das anhand von verschiedenen Sub-Trends, die das Zukunftsinstitut der Neo-Ökologie zuordnet [3].


So lässt sich an mehreren Faktoren erkennen, dass sich ein Wandel der Konsumethik durch unsere Gesellschaft zieht. Die vom Zukunftsinstitut genannten Sub-Trends der Achtsamkeit, Slow Culture und Minimalismus können etwa als Reaktion auf das vorhandene Überangebot von Produkten und Informationen verstanden werden, adressieren aber auch die zunehmende Notwendigkeit einer ständigen Flexibilität. Ähnlich sieht es eine gerade erschienene Trend-Studie der Otto Group, nach der ethischer Konsum sogar die Funktion eines Leuchtturms in unserer unübersichtlichen VUCA-Welt einnimmt (Der Begriff VUCA-Welt beschreibt die weiter zunehmende Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität in unserer Welt) [4].


Die Folge dieses neuen ethischen und kulturellen Verständnisses von Konsum ist eine Verschiebung der Nachfrage, die sich vor allem in den Sub-Trends des Bio-Booms, der Flexitarier und der Elektromobilität äußert. Der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln in Deutschland ist 2020 trotz des bereits steilen Wachstums der vergangenen Jahre erneut um 17% auf nun 14 Milliarden Euro angestiegen [5]. Auch die E-Mobilität verzeichnete 2020 mit einer Zunahme der Neuzulassungen von über 200% ihren endgültigen Durchbruch [7]. Darüber, ob sich dieser Trend für unseren Planeten als durchweg positiv erweist, lässt sich natürlich streiten. Indiskutabel ist aber die Erkenntnis, dass Unternehmen auf diesen Trend reagieren müssen.


Ansätze dafür gibt es bereits viele. Mit den Sub-Trends Direct Trade, Green Tech und Zero Waste listet das Zukunftsinstitut drei Konzepte auf, wie Unternehmen ihre bestehenden Geschäftsmodelle auf die sich verändernde Nachfrage anpassen können. Neue (und auch alte) Beispiele wie das der mittels Solawi genossenschaftlich organisierten Gemüsebox zeigen, wie Produzent:innen und Verbraucher:innen in einer Win-Win-Situation wieder näher zusammenrücken können. Fossile Energieträger werden von der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien immer mehr verdrängt – 2020 war das erste Jahr, in dem mehr Strom aus Erneuerbaren Energien als aus fossilen Brennstoffen erzeugt wurde [8]. Und Beispiele wie die Hamburger Wertstoff Innovative zeigen, dass es nicht nur möglich ist, Abfälle zu reduzieren, sondern auch, diese gar nicht erst zu produzieren. In einem gemeinsamen Projekt haben die Stadtreinigung Hamburg, der Umweltdienstleister Veolia, der Konsumgüterhersteller Unilever und die Drogeriemarktkette BUDNI eine Waschmittel-Flasche entwickelt, die zu 100% recyclebar ist – ein Vorzeigebeispiel der Kreislaufführung.


Es ergeben sich aber auch Möglichkeiten zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, mit denen Unternehmen Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit geben und gleichzeitig ihre eigene Zukunftsfähigkeit sicher können. So bieten etwa die Sharing oder die Circular Economy ökonomische Chancen, die auch im Einklang mit der zunehmenden Verknappung vorhandener Ressourcen stehen. Darüber hinaus lässt sich mit dem Sub-Trend Social Business aber auch ein Paradigmenwechsel feststellen, der immer mehr an Bedeutung gewinnt. Während Unternehmen im herkömmlichen Wirtschaftssystem darauf bedacht sind, möglichst wenig gesellschaftlichen Schaden anzurichten, drehen wirkungsorientierte Geschäftsmodelle den Spieß um. Im Fokus steht die Maximierung der sozialen oder ökologischen Wirkung, die mit unternehmerischen Mitteln erreicht wird.


Dass dieses Potenzial von wirkungsorientierten Geschäftsmodellen besteht, zeigt unter anderem auch der wachsende Social Start Up Sektor in Deutschland. Umso wichtiger ist es, dass auch etablierte Unternehmen aktiv werden und schon jetzt in ihre Zukunftsfähigkeit und die der deutschen Wirtschaft investieren.









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