(English version below)
Wer kennt nicht die Tage, an denen man sich von Problemen in seinem Alltag erdrückt fühlt. Neben unseren persönlichen Problemen scheint vor allem die Anzahl unserer großen gesellschaftlichen Probleme immer weiter zu steigen. In den Nachrichten ist immer häufiger die Rede von erhöhter Arbeitslosigkeit, Armut im Ausland, Geflüchteten, die ihr Land aus verschiedensten Gründen verlassen müssen, schlafenden Politiker:innen in der Klimakrise, Plastikverschmutzung der Meere und der Pandemie, die zeitweise unser gesellschaftliches Leben sehr einschränkt. Von A wie Armut bis Z wie Zwangsarbeit ließe sich hier ein Problemlexikon problemlos seitenweise füllen. Eine Überforderung und Wegschauen von uns ist daher schon fast vorprogrammiert.
Um der Überforderung von derart vielen Problemen entgegenzuwirken, wäre neben dem ersten Herunterbrechen der großen Probleme in viele kleinere Herausforderungen, zusätzlich gerade hier ein Paradigmenwechsel, ob ein Problem wirklich ein Problem ist, sinnvoll. Laut dem Duden ist ein Problem eine „schwierige [ungelöste] Aufgabe, schwer zu beantwortende Frage oder komplizierte Fragestellung“ [1]. Nach unserer jetzigen Auffassung beschreibt diese Definition die vorher genannten Beispiele gut. Nichtdestotrotz sollten wir uns vielmehr die Frage stellen, ob diese „Probleme“ nicht einen Ausgangspunkt einer Möglichkeit oder Lösung sind. Eine Möglichkeit, wirkliche Verbesserungen für andere Menschen, uns selbst und unsere Gesellschaft anzustoßen. Statt überall immer nur Probleme zu sehen, wäre ein Tag voller Möglichkeiten auch für unsere persönliche Einstellung und Stimmung sicherlich positiver.
Dabei sollten wir unser Potenzial, welches bereits vorhanden ist, nutzen. Denn mit 265.800 weltweiten Patentanmeldungen im Jahr 2019 wurden so viele Innovationen wie noch nie angemeldet [2]. Innovationen im wirtschaftlichen Kontext, sind neuartige, fortschrittliche Lösungen von einem zugrundliegenden Problem [3]. Nach dieser Definition bieten unsere gesellschaftlichen Probleme einen riesigen Raum für Innovationen.
Wenn wir nun die innovativsten Unternehmen der Welt betrachten, wird schnell sichtbar, dass viele der Innovationen oft nur unsere künstlich geschaffenen Bedürfnisse befriedigen. Dies ist keineswegs falsch, doch stellt sich die Frage, wo die Zielsetzung der Organisation liegt: Existiert diese hauptsächlich zur Gewinnmaximierung, in anderen Worten zur Erhöhung des Shareholdervalues, oder dienen diese der Allgemeinheit und unserer Gesellschaft, um eine lebenswerte Zukunft für alle zu schaffen? Auch wenn ein Vielzahl von Unternehmen momentan für den ersten Grund existieren und in einigen Fällen eher einen Problemverursacher darstellen, bieten auch diese großes Potenzial dafür, als Lösungsdenker für eine lebenswerte Zukunft aller voranzugehen. Oft besitzen diese Unternehmen bereits umfassende Expertise, viele Kompetenzen zur Entwicklung von Innovationen sowie einer schnellen Umsetzung derer. Im Vergleich zu anderen Institutionen sind Unternehmen oftmals agiler und schneller. Diese Kompetenzen sollten auf keinem Fall zur Lösung von gesellschaftlichen Herausforderungen ungenutzt bleiben, sondern viel häufiger und stärker eingesetzt und in das das tägliche Geschäft eingegliedert werden.
Dies scheint sehr abstrakt und klingt vielleicht sogar nach einer Utopie, da Gemeinwohl und Wirtschaft in der Vergangenheit in zwei unterschiedlichen Bereichen angegangen wurden und aus diesen Gründen das Zusammendenken dieser beiden noch nicht in unser Bild passt. Vor allem stellt sich die Frage, wie ein Unternehmen mit Innovationen, die gesellschaftliche Herausforderungen lösen, und gleichzeitig Geld verdienen kann. Wie dies aussehen kann, zeigen bereits diverse Geschäftsmodelle des Sozialunternehmertum (eng. Social Business):
Das Unternehmen Discovering Hands [4] bildet beispielsweise sehbehinderte Frauen zu professionellen Medizinisch-Taktilen Untersucherinnen (MTU) aus, die aufgrund ihres stark ausgeprägten Tastsinnes Brustkrebs besser als normale Menschen ertasten können. So werden aus Frauen, die aufgrund ihrer Einschränkung oftmals abhängig von der staatlichen Unterstützung sind, sehr wertvolle Arbeitskräfte, die die Gesundheit vieler Frauen unterstützten können. Notpla [5] sieht in dem weltweiten Plastikproblem die Möglichkeit, schnell wachsenden Algen zu nutzten, um kompostierbare Plastikalternative herzustellen und jegliche Plastikverpackungen auszutauschen. Und Africa Greentec [6] sieht in den ländlichen Dörfern Africas nicht Orte, die unterentwickelt sind, keine zuverlässige Stromversorgung besitzen und hohe Kriminalitätsraten aufweisen. Sondern viel mehr einen Ort an dem ein Solarcontainer, die viele Sonneneinstrahlung auffangen kann, um die Elektrizität im Dorf sicherzustellen. Wobei die lernwillige Bevölkerung durchausbereit ist, faire Preise für Elektrizität zu zahlen, um Lebensmittel länger zu kühlen, Straßen zu beleuchten oder Kinder auch in den eigentlich dunklen Abendstunden das Lernen zu ermöglichen.
Diese Unternehmen zeigen, dass Probleme im Grunde Möglichkeiten und vor allem Raum für Innovationen sind. Diesen Paradigmenwechsel können wir uns selbst zu Nutze machen und in unser tägliches Denken integrieren. Sobald wir uns dabei erwischen, dass wir schon wieder innerlich über Probleme schimpfen oder grübeln, erinnern wir unseren Geist daran, dass dieses kein Problem, sondern vielmehr eine Möglichkeit oder ein Raum für Innovationen ist. Zur Verstärkung dessen sollten wir diese innerlich oder laut ausgesprochen als Möglichkeit und als Raum für Innovation benennen. So können wir uns positiver stimmen und schaffen gleichzeitig Raum für Kreativität und Veränderungsspirit. Bei so vielen gesellschaftlichen Problemen ähhm … Möglichkeiten – wer möchte da nicht diese Möglichkeit für Innovation nutzen und zu einer besseren Zukunft aller beitragen?
[1] https://www.duden.de/rechtschreibung/Problem [Letzter Zugriff: 05.11.2020]
[2] Dies entspricht einem Wachstum von +5,2% zum Vorjahr 2018. Und ist somit das zehnte Wachstumjahr in Folge. https://www.wipo.int/edocs/pubdocs/de/wipo_pub_901_2020_exec_summary.pdf [Letzter Zugriff: 05.11.2020]
[3] https://www.duden.de/rechtschreibung/Innovation [Letzter Zugriff: 05.11.2020]
[4] https://www.discovering-hands.de/ [Letzter Zugriff: 05.11.2020]
[5] https://www.notpla.com/ [Letzter Zugriff: 05.11.2020]
[6] https://www.africagreentec.com/ [Letzter Zugriff: 05.11.2020]
English version
Seeing the Opportunity – When Problems become Solutions
Who does not know those days when you feel overwhelmed by problems in your everyday life? In addition to our personal problems, the number of our major social problems seems to be increasing all the time. The news about poverty, refugees who had to leave their country for various reasons, sleeping politicians while climate change is happening, plastic pollution in the oceans, and the pandemic which widely impacts our social life. From air pollution to unemployment, a lexicon with our societal problems could easily be filled. Being overwhelmed and looking away are almost preprogrammed.
Breaking down the big problems into many smaller ones is always a good first step. But beyond that, we should think about a paradigm shift, whether a problem is really a problem.
As stated in the Cambridge Dictionary, a problem is "something that causes difficulty or that is hard to deal with" [1]. According to our current view, this definition describes the previously mentioned examples well. Nevertheless, we should ask ourselves whether these "problems" are rather a starting point for an opportunity or solution to have a positive impact on other people’s lives, our own, or in society. Instead of always seeing problems, a day full of opportunities would affect our mood and vibes more positively.
With 265,800 patent applications worldwide in 2019, more innovations have been registered than ever before [2]. Innovations in an economic context are new, advanced solutions to an underlying problem [3]. By this definition, our social problems would offer a huge scope for innovation.
If we look at the most innovative companies in the world, we can see that their innovations often only satisfy our artificially created needs. This is not wrong, but we need to look at the purpose and ultimate goals of the organization: Does the organization exists to maximize profits, in other words, to primarily increase shareholder value. Or does the organization’s purpose serve society by creating a bright and fair future for everyone? Even if many exist for the first reason and in some cases rather cause the problems, they offer great potential to lead the way as solution-shaper for a future worth living. These companies often possess comprehensive expertise and competencies in developing innovations as well as in their fast realization. The competencies described above are key resources to tackle many societal challenges and, therefore, should not remain unused.
At first, this seems very abstract and may even sound utopian. Maybe, because in the past we did not think of the concepts of business and the greater good together. We still cannot imagine the merge of the two pictures. Above all, the question arises, how a company can make a profit with innovations that tackle social challenges. Various companies, with their social business models, are already showing how this can look like:
For example, the company Discovering Hands [4] trains visually impaired women to become professional medical tacticians (MTU). Visually impaired women are better able to palpate breast cancer than normal people because of their highly developed tactile sense. This way, women who are often dependent on governmental support due to their impairment become valuable experts and save thousands of lives. Notpla [5] sees the worldwide plastic problem as an opportunity for using fast-growing seaweeds to produce compostable plastic alternatives and to replace any plastic packaging. And Africa Greentec [6] does not consider rural African villages an underdeveloped area, but rather a place where solar containers can collect many hours of sunlight and where people are willing to pay a fair price for electricity. Some other benefits include cleaner water, a light at night for the children to study, access to the internet, and cooler and longer storage for foods.
These companies show that problems are really just opportunities and, above all, space for innovation. But this paradigm shift does not only benefit businesses, we can also, make use of it personally and integrate it into our daily thinking. As soon as we catch ourselves complaining or pondering about “problems” again, let’s remind our mind that this is not a problem, but rather an opportunity or a space for innovation. Adopting this mindset allows us to be more positive and it creates room for creativity and the spirit of change at the same time. With so many social problems, um ... opportunities - who would not like to use them for innovation and a contribution to a better future for all?
[1] https://dictionary.cambridge.org/de/worterbuch/englisch/problem [Last access: 05.11.2020]
[2] This corresponds to a growth of +5.2% over the previous year of 2018, and making it the tenth year of consecutive growth. https://www.wipo.int/edocs/pubdocs/de/wipo_pub_901_2020_exec_summary.pdf [Last access: 05.11.2020]
[3] https://www.duden.de/rechtschreibung/Innovation [Last access: 05.11.2020]
[4] https://www.discovering-hands.de/ [Last access: 05.11.2020]
[5] https://www.notpla.com/ [Last access: 05.11.2020] [6] https://www.africagreentec.com/ [Last access: 05.11.2020]
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